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    Leseprobe "Reptiloide – Die Zefirayn"

von Marie L. Vitágua

Taschenbuch, 171 Seiten, ISBN: 978-3-960500-11-7

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 Am Strand
Kapitel 2 Der Film
Kapitel 3 Die Raumstation
Kapitel 4 Die fremde Dame
Kapitel 5 Erwischt
Kapitel 6 Abgestürzt
Kapitel 7 Die Flucht
Kapitel 8 Gestorben
Kapitel 9 Das Labor
Kapitel 10 Wandlung
Kapitel 11 Revolution
Kapitel 12 Mischlinge
Kapitel 13 Krieg
Kapitel 14 Die Botschafterin
Kapitel 15 Rache
Kapitel 16 Die Delegation
Kapitel 17 Deportiert

 

Kapitel 1 Am Strand

Alles begann an einem Sommertag. Schon früh morgens wunderte sich Sofie Frieser über den blauen Himmel und beschloss, diesen ganzen Sonntag am Strand zu verbringen. Sie nahm eine Strandtasche und legte hinein, was sie benötigte. Nachdem sie sich mehrfach vergewissert hatte, dass sie nichts vergessen, übersehen, an- oder offengelassen hatte, trug sie die schwere Tasche zum Auto und fuhr los. Sie wusste, wo sie hin wollte. Dort, an diesem Strandabschnitt, traf man oft keinen Menschen, der Strand war weiß und die Wellen kamen bei Flut bis an den Saum der Gräser. Im Schilfgras hatten sich kleine Buchten gebildet, die nur bei ungewöhnlichem Tidehub geflutet wurden. Normalerweise kam das Wasser nur bis an den Rand einer solchen Bucht. Warmer, weißer Sand unter ihr, rechts und links Gräser, die sich im Wind bewegten und vor ihr das glitzernde Meer: das war ihr Lieblingsplatz. Sofie war schon oft dort gewesen und freute sich auf einen ruhigen Tag nur mit sich selber und einem guten Buch.

Auf dem Weg hielt sie noch bei einem Supermarkt, da sie Proviant für das Mittagessen benötigte. Für sie war die Krönung eines Tages, mitten im warmen, flachen Wasser stehend ihr Essen zu genießen. Sogar eine Thermoskanne mit Kaffee hatte Sofie dabei.

Am Strand war, wie erwartet, kein Mensch zu sehen. Die Weite und das tiefe Blau des Meeres faszinierten sie immer wieder von Neuem. Alles schien zu leuchten und die wenigen, wie Watte anmutenden Wolken spiegelten sich im Wasser. Sie freute sich, dass auch ihre Lieblingsbucht unbesetzt war. Sie ging darauf zu, um es sich in einer Sandmulde gemütlich zu machen. Ihre Einkäufe und die anderen Sachen stellte Sofie vorsichtshalber ins Gras, sodass diese zu keiner Zeit des Tages vom Wasser erreicht werden konnten. Sich noch einmal umschauend, ob auch wirklich niemand in der Nähe war, zog sie sich bis auf den Bikini aus, den sie bereits unter der Sommerbekleidung trug. Obwohl sie mit ihrer Größe von eins-siebzig und für ihre dreiundzwanzig Jahre noch fit war, mochte sie sich nicht. Ihre langen, braunen Haare, die ihr stets lästig waren, bändigte sie mit einem Gummiband zu einem Zopf. Dann breitete sie das Badetuch auf dem Sand zwischen den Gräsern aus und ließ sich darauf nieder. Wie friedlich es hier war, dachte sie und genoss die Geräusche von Seevögeln und das Rauschen der Wellen sowie die angenehme, menschenleere Landschaft. Dann lehnte sie sich zurück. Langsam, ganz langsam döste sie weg. Dann schlief sie ein.

Ruckartig erwachte Sofie. Zunächst wusste sie nicht, wo sie war. Dann meldete ihr Verstand, sie müsse am Strand sein. Doch falsch! Wo war dann das Blaugrün? Sofort war Sofie verunsichert. Dann desorientiert und schockiert. Sie versuchte, ruhiger zu werden. Und redete auf sich ein, vernünftig und logisch zu denken. Schließlich war doch alles vertraut. Sie befand sich in ihrer Wohnung. Völlig unverständlich war nur, wie sie so schnell in das Wohnzimmer gekommen war. Sofie wusste genau: Sie war doch gerade noch am Strand gewesen. Jetzt saß sie auf der Kante des Sofas im Wohnzimmer. Was war mit ihr los? Hatte sie den Ausflug an den Strand nur geträumt? War sie nicht losgefahren und war zu Hause eingeschlafen? Hatte sie nur geglaubt, an den Strand zu fahren, oder lag sie am Strand und schlief? Dann dachte sie: Ja, sie musste wohl träumen, denn irgendwie war dies gar nicht ihr Wohnzimmer. Es schien das Zimmer zu sein, war es aber wohl doch nicht. Der Raum kam Sofie vertraut vor, denn alles stand genauso wie in ihrem Zimmer und auch wieder nicht. Die Farben waren auch ein klein wenig anders.

Vorsichtig schaute sie sich um, ohne die Position auf dem Sofa maßgeblich zu verändern. Hier war es heller, obwohl es keine Deckenlampen gab. Zumindest konnte sie keine sehen. Der Teppich war deutlich weicher. Die Wände schimmerten seltsam hell und alles war so unnatürlich sauber, wie es bei ihr, Sofie, nie war: kein Stäubchen weit und breit, alle Bücher der Bücherwand gerade und sortiert, die Blumen gepflegt. Es wirkte fast unecht und auch alle Accessoires schienen neu oder Attrappen, wie gerade gekauft und für ein Musterhaus arrangiert.

Jetzt getraute Sofie sich, den Oberkörper zum Fenster zu drehen und staunte erneut. Das, was diese Wohnung vollkommen von ihrer unterschied, war das riesengroße Panoramafenster, wo bei ihr zu Hause nur eine Terrassentür war. Draußen dehnten sich riesige Palmen, eine Bucht umsäumend. Im Hintergrund konnte man das Meer sehen und verschiedene exotische Vögel. So eine schöne Aussicht. Ganz so hätte Sofie auch gerne gelebt, ihr Lieblingsstrand quasi hinter dem Hause. Es war ihr Lieblingsstrand; nur unendlich viel schöner. Sofie redete sich weiter Mut zu und näherte sich der Wand. Dann sah sie es: Die Wand war bloß ein Bild, ein faszinierend realistisches, übergroßes Panorama. Also doch ein Traum, ihr Wunschtraum, eine Illusion. Da sie nun meinte, luzide zu träumen, blieb sie erst einmal misstrauisch stehen. So etwas war ihr noch nie passiert! Dann redete sie motivierend auf sich ein: Ob ein solcher Traum zu erforschen wäre?

Langsam und vorsichtig ging Sofie weiter in das Zimmer hinein. Dabei überprüfte sie, ob der Fußboden sie auch tragen würde, denn das wusste man in einem Traum ja nie so genau. Doch alles schien fest und vage vertraut. In ihren normalen Träumen hatte es so etwas wie Geruch oder Geschmack nie gegeben und diese deutlichen Farben waren auch ungewöhnlich. Auf sie wirkte alles wie ein begehbares Standbild. Alles war anzufassen, ohne dass es sich wegbewegte oder verschwand. Sofie blinzelte. Dann drehte sie sich einmal um die eigene Achse. Und schlug mit dem Ellbogen gegen den Schrank. Autsch! Das schmerzte. Jetzt war sie alarmiert. Solch einen Traum hatte Sofie noch nie gehabt.

Die surreale Mischung aus Bekanntem und Gemütlichem im Gegensatz zu völlig Fremdem und Unbekanntem ließ sie zwischen normaler Sorge und angstvollem Staunen hin und her pendeln. Sofie überredete sich selber, sich das Wohnzimmer genauer anzusehen. Da dies ein Traum sein musste, konnte ihr wohl nichts passieren. Genau wie in ihrer Wohnung war auch hier eine Küche, nur durch eine Bar vom Wohnzimmer getrennt. Und neben der Ausgangstür ließ sich auch die Tür zur Toilette erahnen. Ihre Küche war jedoch nie sauber und hatte nicht so viele futuristisch anmutende Flächen mit modernen Tastenfeldern. Langsam ging Sofie zur Küche hinüber. Ebenso wie bei ihr befand sich auf der Anrichte eine Kaffeemaschine. Diese sah jedoch irgendwie seltsam aus. Bei näherer Betrachtung stellte Sofie fest: So eine war ihr fremd. Vorsichtig streckte Sofie einen Finger aus und drückte wahllos auf eine Taste, auf der C+ stand. Schließlich, so dachte sie, konnte ihr im Traum ja nichts passieren. Und es passierte auch genau das, was Sofie erwartet hatte: Auf der Ablage erschien plötzlich eine schöne, große Tasse, die sich mit schäumendem Cappuccino füllte, ohne dass von oben Flüssigkeit hineinlief. Plopp, ein Sahnehäubchen schloss den Prozess ab. Echte Schlagsahne - nicht dieser seltsame Schaum wie üblich. Sofie nahm die Tasse. Sie fühlte sich warm an und es duftete verführerisch. Konnte man in einem Traum auch etwas trinken? Sofie führte die Tasse langsam an die Lippen und nippte behutsam an der deutlich heißen und nach frischem Kaffee mit Milch duftenden Flüssigkeit - und leckte sich sogleich über die Lippen. Das war lecker. Dieser Traum begann, ihr zu gefallen. Es schien, als brauchte man sich nur etwas vorstellen und bekam es – die richtige Taste vorausgesetzt. Sehr suspekt! Sofie trat, die dampfende Kaffeetasse in der Hand, hinüber zum Bücherbord. Bücher interessierten sie, daher wollte sie diese etwas näher betrachten. Enttäuscht gewahrte Sofie: alles nur Attrappen. Dann sah sie, dass auch diese Tastenfelder hatten. Ob sich so ein Buch einfach von selber vorlesen würde? Sofie überlegte, welches Feld sie drücken sollte.

Doch plötzlich zuckte sie zusammen. Sie hörte etwas. Das konnte doch gar nicht sein! Vor der Tür hörte Sofie ein Geräusch, als habe jemand eine schwere Handtasche abgestellt. Dann wurde in das Schloss der Eingangstüre eine Schlüsselkarte eingeführt. Panik überkam sie und sie schaute sich nach einem Versteck um - doch viel zu spät. Die Tür öffnete sich. Sofie ließ vor Schreck die Tasse fallen. Es klirrte, als die Tasse zerbrach. Erschrocken riss sie die Augen auf, es ruckte zweimal vor ihren Augen, ihr wurde schwindelig und sie schien in Ohnmacht zu fallen. Doch dann erwachte Sofie. Am Strand.

Kapitel 2 Der Film

Pia Stern bemerkte das Ende des Filmes nur, weil es schon wieder hell wurde. Die Panoramawand direkt vor ihr hatte sie zuverlässig geweckt. Sie war nach Ende des Filmes in den Schlafmodus übergegangen, hatte einen Sternenhimmel gezeigt und Pia war eingeschlafen. Jetzt zeigte das Panorama vor ihr einen strahlenden Sonnenaufgang am Strand. Natürlich alles nur ein Bild, hier im All gab es keine Palmen. Pia kramte in ihrer Erinnerung an den gestrigen Abend: Sie war in die Bibliothek gegangen, um sich einen antiquarischen Film zu leihen. Darüber hinaus kam sie in die stille Bibliothek mit Blick auf das All sehr gerne. Hatte sie doch von hier aus das Gefühl, mit den Sternen sprechen zu können. Von hier oben hatte man einen ungehinderten Blick von der Raumstation, in der sie sich befand, auf deren derzeitige Position.

Gestern Abend wollte sie ihrer anstrengenden Ausbildung zur Pilotin eines Raumboosters einmal eine kleine Auszeit gönnen und es sich in ihrem Quartier gemütlich machen. Ein alter Film sollte es sein, ein Glas dazu gehörigen Wein, und natürlich das beste VAN.B, welches sie bekommen konnte. Diese synthetischen Stoffe, in Form einer winzigen Pille, konnten das Gehirn vollkommen ausschalten, damit nur noch der Film übrig blieb, in den der Betrachter dann vollständig einging. Ja, Pia erinnerte sich: Ihr Blick streifte nur kurz über das Auswahl-Display der antiquarischen Bibliothek, dann hatte sie intuitiv das Gewünschte gefunden. Ihr Zeigefinger berührte das Feld und kurz darauf lag die Minidisc direkt vor ihren Augen. Genau das, was sie wollte: Eine längst vergangene Zeit auf der Erde. Eine Epoche, die schon lange versunken war.

Die Erde war einmal schön gewesen und bewohnbar. Lange vorbei. Das war vor dem Krieg. Niemand, den Pia kannte, erlebte einen Krieg. Doch sie hatten im Unterricht selbstverständlich auch dieses Zeitalter durchgenommen. In alten Geschichtsbüchern stand: Es war ein Blitzangriff aus heiterem Himmel gewesen. Von der damaligen Erde aus beobachteten die Menschen die riesigen Flugschiffe, die plötzlich am Himmel erschienen waren und hatten dieser Übermacht überhaupt nichts entgegenzusetzen. Was anfänglich wie ein freundschaftlicher Besuch einer reptiloiden, den Menschen äußerlich sehr ähnlichen Rasse galt, wurde schnell zum Verhängnis. Es dauerte viel zu lange, bis die Bewohner der Erde bemerkten, dass sie ausgerottet werden sollten – ohne das zu bewusst wahrzunehmen. Diejenigen, die es bemerkten, schlossen sich zu Rebellengruppen zusammen und begannen einen langen Kampf. Der ein sehr unschönes Resultat mit sich brachte: Der Kampf, ausgefochten ausschließlich über Nahrung, Luft und Wasser und darin befindlichen Biotransformatoren, mit denen die Menschen reptiloid werden sollten, war kaum aufzuhalten. Also mischten die Menschen in ihrer Not Gifte für Reptiloide hinzu. Diese waren vom Körperbau genau wie Menschen, doch ein wenig größer, agiler und besaßen die typischen reptiloiden Augen. Weder waren sie Menschenfresser noch je grausam. Diese humanoiden Reptiloiden waren den Menschen mental extrem überlegen. Doch ihr Organismus glich sich auf der Erde der Atmosphäre an. In diesem Lebensraum waren sie also angreifbar. Ohne Nahrung, mit giftigem Wasser und verpesteter Luft starb schnell alles, was zuvor lebendig war. Auch alle Tiere und so gut wie alle Pflanzen. Eine nahezu kahle und leere Öde war alles, was von der einstigen blühenden Erde übrig blieb. Menschen und humanoide Reptiloide hatten ihren Lebensraum vernichtet. Die überlebenden Reptiloide zogen sich auf ihren Heimatplaneten zurück und die wenigen, verbliebenen Menschen siedelten ins All über. Von diesen Reptiloiden hatte danach niemand mehr etwas gehört. Die Menschen bauten die in den Kampfjahren entstandenen Raumstationen zu Wohnsiedlungen um und richten sich auf eine lange Wartezeit ein.

Auf unzähligen Raumstationen warteten die Urahnen der einstigen Überlebenden von der Erde schon lange darauf, dass sie sich erholte; dass die Erde wieder bewohnbar wurde. Sie warteten schon so lange, dass sie schon längst vergessen hatten, worauf sie eigentlich warteten. Sie hatten sich hier sehr gut eingerichtet.

Pia Stern war auf dieser hochmodernen Raumstation geboren, wenn man den Prozess der Erschaffung von Leben noch so nennen konnte. Sie hatte viele liebevolle Betreuer und bewusste Ausbilder gehabt, die sie bei dem unterstützten, was sie wollte. Sie war dazu geschaffen worden, Booster zu fliegen. Kleine, wendige Schiffe, die auf Gedankenkraft reagierten. Zwar gab es keine Feinde weit und breit, doch Patrouille fliegen war Teil der Gesellschaft und eine hoch angesehene Tätigkeit. Und Pia liebte das Fliegen. Seit sie denken konnte, saß sie im Unterricht oder im Simulator. Sie war extrem fleißig und wollte es unbedingt schaffen: Sie wollte ein Jahr früher ihren Booster erhalten als alle übrigen in ihrer Klasse. Doch gestern Abend wollte es Pia einmal gut sein lassen und sich von der Arbeit ablenken. Ein Film aus der Bibliothek sollte es sein. Ein Film von der Erde. Die Minidisc in der Hand, kehrte Pia in ihr Quartier zurück. Im Sektor der Piloten waren alle Quartiere gleich: Sie verfügten über ein geräumiges Wohnzimmer mit einer angrenzenden Küchenecke, einen Waschraum und ein Schlafzimmer. Doch Pia hatte sich an der Panoramawand, gegenüber ihres Bettes und im Wohnzimmer eine Strandlandschaft erstellen lassen, die mehr als lebendig aussah. Das Bett hatte sie so gestellt, dass sie sich jeden Morgen durch die Helligkeit der darauf projizierten Sonne wecken lassen konnte.

Pia war gestern Abend zu dem Getränkeautomaten hinüber gegangen und hatte ihre Bestellung eingegeben. In das nun auf der Fläche davor erscheinende Glas Wein gab sie das VAN.B, welches ihr Kumpel Ron ihr besorgt hatte. Die Pille löste sich schnell gänzlich auf und Pia stellte das Glas auf ihren Nachttisch. Sie zog sich aus und legte ihre Kleidung in die Schublade für die Wäscherei. Dann zog sie sich frische Nachtwäsche über, legte sich ins Bett und begann mit der Programmierung der Panoramawand. Die Palmenlandschaft verschwand und der Film startet auf der gegenüberliegenden Wand. Mit dem VAN.B konnte jede Außenwelt verschwinden und nur noch die Welt des Filmes sichtbar sein. Pia nahm einen Schluck aus ihrem Glas, zog die leichte Tagesdecke ihres Bettes über sich und machte es sich gemütlich. Langsam hatten der Film und die Droge zu wirken begonnen:   

Pia schaute nach vorn, dann um sich. Sie erblickte zunächst die Bilder einer breiten, zweispurigen Straße. Ganz klar: die Erde von damals. Häuser, Tankstellen, Geschäfte und eine lange Straße Richtung City. Dann knallten zwei Autos zusammen. Das eine war dem anderen einfach hinten drauf gefahren. Ein Unfall. Die Bilder wurden immer realer und Pia tauchte langsam in das Geschehen ein. Sie sah die Unfallstelle, dann das hintere Auto. Pia schien es, als würde sie in das Auto gezogen; als sei sie auf das andere Auto aufgefahren. Mitten auf einer gut befahrenen Straße in Richtung einer größeren Stadt. Ihre Stirn blutete. Langsam verlor sie das Bewusstsein.

Ja, Pia erinnerte sich. Es war ein toller Film gewesen. Sie war ganz darin aufgegangen. Es war ein Film über eine Dame gewesen, die einen Unfall hatte. Anschließend saß in ihrem Wohnzimmer eine Frau namens Charleronne, die behauptete, von ihr eingeladen worden zu sein, ihre Lebensgeschichte zu erzählen. Diese Geschichte handelt von einer Drachenreiterin, Magierin, Priesterin, Heilerin, Adeptin und Königin. Fesselnd erzählt und mystisch, so mochte es Pia. Sie hatte den Film genossen, als hätte sie diese Lebensgeschichten aufgeschrieben, um dann zu bemerken, dass sie noch immer im Krankenhaus war - beziehungsweise Pia Stern hieß und im Bett ihres Zimmers lag. Pia hatte sich schmunzelnd umgedreht und danach sehr gut geschlafen.

Heute war ein schöner, neuer Tag. Pia streckte sich und stieg dann beschwingt aus dem Bett. Sie nahm die Minidisc aus dem Player, die wollte sie gleich noch vor dem Unterricht wieder zurück in das Antiquariat der Bibliothek bringen. Guter Film, beschied sie erneut und betrachtete noch einmal den Titel: „Die Königin des Dunkels. Teil 1 - Der Fluch der Unsterblichkeit“ von Marie L. Vitágua. Faszinierend, was damals, vor gut fünfhundert Jahren, schon geschrieben worden war, dachte Pia und legte den Film in ihre Tasche, die sie gedachte mitzunehmen. Pia ging langsam hinüber in das Wohnzimmer. Eine gemütliche Sofaecke, das nostalgische Bücherbord, die angrenzende Küche. Pia freute sich auf einen C.Plus, ein Getränk, was dem damaligen Cappuccino von der Erde sehr nahe kam, vielleicht sogar besser schmeckte. Dann begann sie, sich für den neuen Tag vorzubereiten. Den weißen Overall konnte sie heute im Schrank lassen. Heute trug sie den weißen Anzug der Piloten. Und das schon mit dreiundzwanzig Jahren. Pia schaute sehr zufrieden auf ihr Spiegelbild, als sie fertig war. Sie war eins-siebzig groß, hatte gepflegte, braune Haare und ein ebenmäßiges Gesicht. Zudem war sie schlank und topfit. Ihre blaugraue Iris strahlte Tiefe und bewusste Intelligenz aus. Ein stets in die Zukunft gerichteter Blick war ihr Markenzeichen. Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihren Mund und die Augen zeigten Vorfreude und Amüsement, als sie den goldenen Stern auf jeder Seite der Schulterklappe ihrer Anzugjacke polierte. Heute war der letzte Eignungstest zur Pilotin, der zweite Stern winkte. Und Pia wollte gut sein!

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Textprobe: Marie L. Vitágua

© 2017 Franzius Verlag GmbH

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